On Purpose: Mit Kompass durch den Sinnesdschungel
Sinn: Eine Mammutaufgabe
„Wer sucht, der findet“. So in etwa lautet eine biblische Versprechung. Ein Sprichwort, das Hoffnung gibt und Glauben schenkt. Und doch lässt sich die neumoderne Sinnsuche vielleicht auch darauf zurückführen, dass vielen Menschen heutzutage der Glauben fehlt. Die Welt dreht sich schneller. Möglichkeiten und Einflüsse werden vielfältiger. Viele der aktuellen Probleme der Welt scheinen unüberwindbar. Was gibt uns als Menschen Halt? Worin finde ich als Mensch und Unternehmer*in Orientierung? Wie kann ich das Gefühl von der Machtlosigkeit überwinden? Vielleicht hilft ein Sinn.
Ein Sinn, mein Nordstern - Für Leben und Unternehmen
Als frischgebackener Selbständiger will ich meinem Tun einen Rahmen geben. Und das obwohl ich mich von starren Strukturen und Prozessen lösen will. Mehr auf Intuition als Ratio setzen will. Klingt erstmal widersprüchlich. In einem klaren Purpose sehe ich jedoch die Chance nach Halt im luftleeren Raum. Die Chance, mir einen Rahmen zu schaffen, auch ohne ein starres Gerüst, das mich einengt. Vielmehr sehe ich im Purpose einen unsichtbaren, flexiblen Faden, der mich an die richtigen Orte lenkt, mich mit wertvollen Menschen zusammenbringt und ein Momentum schafft. Einen Versuch ist es wert!
Orientierung im Sinnesdschungel
Was macht einen „guten“ Sinn aus, frage ich mich. Wann ist ein Sinn kraftvoll genug, um mir über Monate und Jahre Orientierung zu geben?
Für mich muss ein Sinn Emotion transportieren und zur Bewegung anregen. Er adressiert ein spezifisches Kernbedürfnis in der Welt. Ein kraftvoller Purpose vertritt meine Kernwerte und Überzeugungen. Er gibt mir Orientierung für mein Tun durch seine Konkretheit. Und lässt gleichzeitig Raum für einen individuellen Weg durch seine Offenheit. Ein kraftvoller Purpose ist langlebig und lebendig. Und schafft damit erst die Basis für ein vitales Leben und Unternehmen.
Doch wie finde ich nun zu meinem eigenen Purpose? – Als ehemaliger Unternehmensberater suche ich die Magie in der Struktur. Und hechte deshalb von Framework zu Framework. Ob daraus Erleuchtung oder Verwirrung resultiert, erfahrt in nun:
Finding the magic spot: the Golden Circle
Mein erster Halt führt mich zum „Oldie but Goldie“ Simon Sinek. Im „Golden Circle“ Modell lerne ich, dass ich als Unternehmer*in mit der Frage nach dem „Why“ starte.
“Very few people or companies can clearly articulate why they do what they do. This isn’t about running a profitable company—that’s a result. ‘Why’ is all about your purpose. Why does your company exist? Why do you get out of bed in the morning? And why should anyone care?“ – Simon Sinek
Die Frage nach dem „Warum“ löst im Menschen Emotionen aus. Und Emotionen sind im limbischen System unseres Gehirns für das Treffen von Entscheidungen verantwortlich. Sie bringen uns in Bewegung! Deshalb sollte laut Sinek ein kraftvolles „Warum“ die Basis für jede Entscheidung und jede Botschaft im Unternehmen sein. Denn niemand glaubt an ein Produkt, an eine Idee oder ein Projekt, wenn er*sie nicht das "Warum" dahinter versteht. Menschen verrichten die beste Arbeit, wenn sie verstehen, warum sie tun, was sie tun. Menschen inspirieren andere, wenn sie nach ihrem eigenen „Warum“ handeln. Emotionen schaffen (eine) Bewegung!
Sinek beschreibt weiterhin, dass die Antwort auf das „Why“ die Basis für die weitere Ausgestaltung meines Schaffens ist. „Why“ ist demnach die Grundlage für mein „How“ und „What“. „How“ beschreibt, welche Schritte ich gehe, um meinen Purpose mit Leben zu füllen. „How“ definiert demnach einen Prozess. Beim „What“ geht es um mein konkretes Produkt. Es ist das Resultat, der Beweis meines „Warums“, und kann demnach erst nach der Frage nach dem „Warum“ beantwortet werden.
Für mich ist der „Golden Circle“ eine Bestätigung meiner eigenen Reise nach dem Sinn meines Tuns. Sinek zeigt mir, welche Kraft in einem Purpose liegt. Und wie grundlegend die Frage nach meinen „Warum“ für die Gestaltung meines weiteren Weges ist. Ich bleibe aber weiterhin ratlos, wie ich an die Suche nach dem Sinn rangehe. Zumindest für den Moment.
Über Lebensziele zum Zweck der eigenen Existenz: the Big Five for Life
Mehr Orientierung suche ich bei John Strelecky, Bestsellerautor und ehemaliger Strategieberater. In seinem Werk „The Big Five for Life“ erzählt Strelecky die beeindruckende Geschichte des Unternehmers Thomas Derale, dessen Erfolg als Mensch und Unternehmer auf dem Prinzip der „Big Five“ fußt.
Die Big Five sind fünf Dinge, die wir tun, sehen oder erleben möchten, bevor wir sterben. Es sind persönliche Lebensziele und Herzenswünsche. Haben wir diese fünf Dinge erreicht, getan, erlebt, dann war unser Leben erfolgreich – so die Logik. Demnach definiere ich selbst, was ich unter Erfolg verstehe, in dem ich meine Big Five erkenne.
In „The Big Five for Life“ fußen jegliche unternehmerischen Entscheidungen auf diesem Prinzip. Thomas stellt bspw. nur Menschen in seinem Unternehmen ein, die an ihrem Arbeitsplatz ihre Big Five erfüllen können. Wenn der Job nicht zu ihren Big Five passt, wird der/die Kandidat*in nicht eingestellt.
Mich inspirieren die Big Five vor allem, mich stärker mit meinen eigenen Zielen und Wünschen auseinanderzusetzen. Die Frage „Was ist mir in meinem Leben wirklich-wirklich wichtig?“ rückt stärker in den Mittelpunkt. – Eine Frage, die auch im Zentrum der New Work Bewegung steht. Mich inspiriert aber auch, wie konsequent die Big Five in allen wesentlichen Entscheidungen von Thomas und seinen Mitmenschen einfließen. Eine bedingungslose Orientierung an persönlichen Lebenszielen, die individuelles Glück in den Mittelpunkt rücken.
Und trotzdem finde ich die Brücke zum Sinn meines Schaffens nicht. Für mich ist die Verbindung der Big Five zum „Zweck meiner Existenz“, wie Strelecky es nennt, nicht intuitiv zu erfassen. Aber vielleicht muss ich dafür auch erst ein Seminar von Strelecky belegen 😉. So geht die Suche für mich erst einmal weiter.
Die innere & äußere Welt zusammenbringen: mit Deinem Ikigai
Die Frage nach dem eigenen Sinn lässt mich tief in mein Innerstes blicken. Und doch habe ich als BWLer gelernt, den Blick nach außen nicht zu vernachlässigen. Ein Purpose ohne Wirkung klingt wie ein zahnloser Tiger. Denn als Unternehmer ist es doch mein Anspruch etwas zu bewegen in der Welt. Mehrwert zu schaffen, wo er auch gebraucht wird. Dafür ist ein Blick „nach draußen“ unerlässlich.
Genau hier setzt eine Methode an, die hoffentlich genauso magisch ist, wie sie klingt: Ikigai. Frei übersetzt aus dem Japanischen bedeutet Ikigai so viel wie „der Grund, morgens aufzustehen“. Sounds amazing!
Die Lehre des Ikigai geht davon aus, dass wir alle ein Ikigai haben. Und dass es unsere Aufgabe ist, unser Ikigai zu enthüllen. Dieser Weg zur Enthüllung bedarf eines tieferen Blicks in das eigene Innere, der Selbsterforschung und experimentellem Handeln. Konkret geht es darum, einen Sweetspot zu finden. Einen Punkt, an dem unsere innere Welt mit der äußeren Welt zusammenfinden. That’s where the magic happens! Die innere Welt sind hierbei unseren Passionen, Stärken und Fähigkeiten, die es zu erforschen gilt. Die äußere Welt wird durch konkrete Bedürfnisse in der Welt erfasst. Durch relevante Werte, die geschaffen werden können und echte Probleme, die es zu lösen gilt.
Das Konzept des Ikigai überzeugt mich, weil es mehrere Dimensionen zusammenbringt. Weil es mich als Individuum mit meinen Stärken und Fähigkeiten anerkennt. Und weil es mich mit einem konkreten Bedarf in der Welt zusammenbringt. Um darin einen kraftvollen Purpose für mich zu finden.
Bildquelle | Miralles, Garcia, Ikigai: Gesund und glücklich hundert werden, 2017
Auf die Plätze - Fertig - Purpose
Von Simon Sinek, über John Strelecky bishin zum Ikigai. Der wundersame Sinnesdschungel lässt sich nicht leicht durchqueren. Die Erleuchtung blieb bisher noch aus. Eine one-size-fits-all-Lösung gibt es nicht. Im Ikigai konnte ich aber zumindest etwas Halt finden. Halt in einer Struktur, die Raum für Sinnlichkeit lässt und gleichzeitig konkrete Eigenschaften und Probleme in den Mittelpunkt rückt.
Für den Moment bleibt also ein kleiner Cliffhanger: meinem Ikigai auf den Spuren, werde ich mein Glück mit diesem Ansatz einmal versuchen. Und Dir demnächst berichten, wie es so gelaufen ist. Und was Du für Deine Suche nach Deinem Ikigai mitnehmen kannst. Also: stay tuned. Die Reise ist noch nicht vorbei.